Zum dritten Mal verteile ich Seife in meinen Handflächen, die Schmierflecken halten sich hartnäckig auf meiner Haut und unter meinen Fingernägeln. Müde und zufrieden blicke ich über meine Schulter auf die Szenerie in meiner Werkstatt. Die leere Dose Bremsreiniger liegt auf dem Boden neben der Werkbank, der Karton mit den Altmetall-Teilen geht beinahe über.
Doch mitten im Chaos steht sie – meine Perle – und funkelt und strahlt von allen Seiten. Ich schmunzle, und in mir machen sich Stolz und Vorfreude breit. Wie viele Abende und Wochenenden habe ich in letzter Zeit hier verbracht?
Während es draussen früh dunkel wurde, habe ich geschwitzt, geschraubt und manchmal auch ein kleines bisschen die Nerven verloren. Geduldig habe ich rostige Muttern gelöst, mich mit sturen Reifenmänteln gemessen oder sprunghafte Vergasernadeln eingefädelt.
Während ich die alte Patina sanft poliert habe, wunderte ich mich, wie viele Stunden dieses Fahrzeug schon auf der Strasse verbracht hat. Waren diese in Eile, um schnell ans nächste Ziel zu kommen? Wurden sie genossen und ausgekostet? Welche spektakulären Kurven haben diese Felgen schon erlebt, und wie viele Berge hat der kleine Motor schon bezwungen?
«Wenn Mofas doch nur ihre Geschichte erzählen könnten ...», denke ich mir und drehe eine letzte prüfende Runde um mein schönes Gefährt. Morgen ist ein grosser Tag. Morgen erobern wir den Frühling!
Mit dem ersten Kick springt sie an, und der Motor schnurrt los. Ich sichere den Kinnriemen meines Helms und spüre, wie die Sonne mich im Gesicht kitzelt. Langsam rolle ich aus der Einfahrt und bewundere den klaren Zweitakt-Klang des Motors. Die Frühlingsluft vermischt sich mit dem Benzingeruch meines kleinen Töfflis. Einer meiner Nachbarn blick von der Gartenarbeit auf und winkt mir fröhlich zu. Ich schlage eine meiner Lieblingsrouten ein und gebe Gas. Links und rechts von mir erstrecken sich sanfte Felder und Wäldchen, die nach dem Winter in neuer Kraft strahlen. Ein kühler Fahrtwind bläst mir ins Gesicht, während mein Mofa und ich über die Strassen fliegen.
Plötzlich merke ich, wie ich mein Grinsen kaum noch kontrollieren kann. Genau dieses Gefühl habe ich so sehr vermisst! Mein Herz schlägt schneller und mein Blick gleitet über die Landschaft. Im Chrom meines Lenkers reflektiert sich die Sonne, und ich bestaune mein Mofa – ein Meisterwerk mit Geschichte – mein Meisterwerk. Beständig folgt es jeder Kurve, gierig erobert es die Wege vor mir. Ich halte auf ein steiles Stück Strasse zu, und ich drehe am Gasgriff. Der Motor heult auf, und mit einem stolzen Knattern nimmt mein Mofa diese Herausforderung an, fast so, als würde es sagen: «Hier bin ich wieder! Lass uns die Welt gemeinsam erkunden!»